Geschichte

Vom Waisenhaus zum heutigen Wohn- und Pflegezentrum

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Zur Zeit der Entstehung der heutigen politischen Gemeinden herrschte ein enormes soziales Gefälle unter der Bevölkerung. Dem sozialen Notstand gehorchend, musste daher in allen Gebieten des Kantons Luzern, so auch in Wolhusen, dem Armenwesen bessere Beachtung geschenkt werden.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts erwarb deshalb die Armengemeinde im Bergboden ein älteres, grosses Mehrfamilienhaus. Es wurde als «Waisenhaus Bergboden» bezeichnet. Familien und auch Einzelpersonen konnten darin auf Kosten der Gemeinde wohnen. Lebensmittel wurden jedoch nur in besonderen Notfällen zur Verfügung gestellt.
Der Betrieb des Waisenhauses wurde aber bald in Frage gestellt. Die Baufälligkeit des Gebäudes, Probleme mit den teilweise sehr eigensinnigen Hausbewohnern, und das Nichteinhalten der Hausordnung führten zu einer grossen Unordnung. Die Armengemeinde beschloss deshalb, die Liegenschaft Berghof zu kaufen, um eine modernere Armenanstalt betreiben zu können.

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Im Jahre 1898 wurde die neue Armenanstalt Berghof mit rund 40 Betten erstellt. Im neuen Haus galt eine klare Hausordnung, die bessere Verhältnisse als im Waisenhaus Bergboden sicherstellen sollte. Weiber- und Männerabteilungen waren natürlich getrennt.

Jede der Abteilungen bestand aus einem Acht-Betten-Schlafsaal sowie aus Vierer-, Dreier- und Zweierzimmern. Die Küche, in der nur mit Holz und Kohle gekocht wurde, war im Keller untergebracht. Zusätzlich umfasste das Raumangebot der neuen Armenanstalt ein Büro, ein Besucherzimmer, Angestelltenzimmer, Wohnräume für die Schwestern sowie Knechtenzimmer und eine Knechtenstube.
In den ersten Jahren waren vor allem ältere Leute und einige Waisenkinder in der Armenanstalt untergebracht. 1912 wurden die ehrwürdigen Schwestern von Baldegg mit der Heimleitung betraut. Nun konnte im Berghof von einem geordneten Anstaltsbetrieb gesprochen werden. Damit die Anstalt und der angegliederte Landwirtschaftsbetrieb reibungslos funktionierten, wurden einige zusätzliche Gebäulichkeiten benötigt. So gewährleisteten eine Schweinescheune, ein Hühnerhaus, ein Spycher mit Holzschopfanbau, ein Waschhaus mit Mosterei, Dörrofen sowie die Scheune für Kühe und Kälber einen grösseren Selbstversorgungsgrad. Zur Eigenversorgung wurden eineinhalb Jucharten Ackerland mit Kartoffeln und drei Jucharten mit Getreide angepflanzt. Pro Jahr standen sechs Schweine, drei Kälber oder je nach dem, ein Viertel oder die Hälfte einer Kuh zur Verfügung. Täglich benötigte man pro Insassen einen Liter Milch. 

Auf Antrag der Schneckenzunft Wolhusen wurde der Name Armenanstalt 1940 in Bürgerheim umbenannt. Obwohl sich das Schweizervolk mit der Einführung einer allgemeinen Altersversicherung schwer tat, wurden 1948 schliesslich die gesetzlichen Grundlagen für eine Schweizerische AHV geschaffen und inzwischen zu einem der grössten Sozialwerke unserer Eidgenossenschaft ausgebaut. So verspürten auch die Bewohnenden des Bürgerheims mit der Zeit eine Verbesserung ihrer Lebenssituation. Der Begriff Armenhausinsasse wurde immer weniger verwendet.

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Der Gutsbetrieb wurde vom Meisterknecht geleitet. 1909 entstand eine neue Scheune mit 20 Grossviehplätzen. Der Leiter des Gutsbetriebes hatte die Aufgabe, alle Insassen sinnvoll zu beschäftigen.

In den dreissiger Jahren, einer Zeit mit grosser Arbeitslosigkeit, halfen acht bis zehn Männer auf dem Betrieb mit. Bis 1941 wurde die ganze Liegenschaft von Hand gemäht. Das Brennholz stammte aus dem eigenen Wald. Pro Winter wurden rund 30 Ster Holz verwertet. Um die 6 Heizöfen der Anstalt mit genügend Brennholz zu versorgen, wurden pro Jahr über 1200 Bürdeli angefertigt. Die eigene Wasserversorgung vom Guggernellwald belieferte nicht nur den Landwirtschaftsbetrieb, sondern auch die auf jedem Stockwerk vorhandenen Feuerlöschanlagen.
Der Landwirtschaftsbetrieb des Bürgerheims wurde 1968, anlässlich einer Versteigerung der Vieh- und Fahrhabe, aufgelöst. Grund dafür war das Fehlen geeigneter Mitarbeiter aus dem neuerbauten Altersheim. Ferner plante die Einwohnergemeinde auf dem Areal eine regionale Oberstufenschule zu realisieren.

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Die Gemeindebehörden setzten sich anfangs der 60er Jahre zum Ziel, eine zeitgemässe Unterkunft für ältere Personen zu verwirklichen. Das dafür angelegte Kapital von Fr. 400'000.- für ein neues Altersheim wurde mit einer Spende der Wolhuser Bürgerin Elisabeth Niesper aus Zollikon ZH von zweimal Fr. 200'000.- verdoppelt.

Auf dem Berghof Areal sollte ein stattlicher Neubau entstehen. Basierend auf einem Projektwettbewerb, wurde der Auftrag dem einheimischen Architekten Jules Ulmi vergeben. Der Neubau, der 1968 bezogen wurde und fast 1,9 Millionen Franken kostete, entstand direkt neben dem alten Bürgerheim. Dieses wurde nach dem Bezug des neuen Gebäudes abgebrochen. Das Alters- und Pflegeheim Berghof umfasste ein neuzeitliches Raumangebot auf drei Stockwerken. Neben einer Pflegeabteilung standen Zweierzimmer und Ehepaarappartements, eine grosszügig konzipierte Heimküche, ein heller Speisesaal und eine schmucke Heimkapelle zur Verfügung.
Schon damals hatten die Heimbewohnenden die Möglichkeit, ihre Zimmer selber zu möbelieren.
Dem neuen Heim standen nach wie vor Baldegger Schwestern vor, die zusätzlich von weltlichem Personal unterstützt wurden. Mit dem neuen Heimbetrieb mussten auch die finanziellen Abgeltungen der Bewohnenden neu geregelt werden. Betrugen vor dem Bezug des neuen Hauses die Tagestaxen noch rund acht Franken pro Tag, mussten sie auf zehn bis fünfzehn Franken angehoben werden. Mit der Einführung der Invalidenversicherung und der Ergänzungsleistungen konnten die Heimbewohnenden nach und nach ihre Kostgelder selber bezahlen. Diese beiden Sozialversicherungen haben zusammen mit der AHV die Unterstützungsleistungen der Armen- und Bürgergemeinden wesentlich verringert.

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Die starke Zunahme der Betagten in Gemeinde und Region führten gegen Ende der siebziger Jahre im neuen Altersheim Berghof zu einem akuten Bettenmangel. Mehr und mehr pflegebedürftige Personen konnten aus bautechnischen, zeitlichen oder sozialen Gründen nicht mehr durch Angehörige zuhause betreut und gepflegt werden.

1979 begann die Planung des Anbaus eines Pflegeheims an das bestehende Altersheim. 1981 konnte der vom Architektenteam Schaller Jost / Schmidiger und Blum erstellte Pflegetrakt bezogen werden. Er bot Platz für 22 Pflegebetten mit den notwendigen Nebenräumen. Gleichzeitig wurde eine Cafeteria angebaut und der Speisesaal vergrössert. Damit entwickelte sich das Alterswohn- und Pflegeheim Berghof zu einer neuzeitlich eingerichteten Heimstätte für Betagte und Pflegebedürftige. Der Pesonalbestand vergrösserte sich auf 24 Stellen. Die Kosten des Anbaus betrugen insgesamt 3,98 Millionen Franken, woran der Bund Fr. 965'000.-- und der Kanton Luzern Fr. 980'000.-- an Subventionen bezahlten.
1982 mussten sich die Baldegger Schwestern nach 70jähriger Tätigkeit für die Gemeinde Wolhusen, aus personellen Gründen, endgültig vom Berghof verabschieden. Die Tagestaxen für Altersheimbewohner sind inzwischen auf Fr. 34.-- angestiegen; die ersten Bewohnenden des Pflegeheims bezahlten pro Tag Fr. 65.-- bis Fr. 75.--.

Mitte der achtziger Jahre mussten die Raum- und Platzverhältnisse im Bereich des Altersheims erneut überdacht werden. Die Wolhuser Bevölkerung stimmte daher erneut einem Baukredit für den stationären Bereich zu. Der Umbau und die Erweiterung des Altersheims bedurften einer Aufstockung des Altersheimtrakts.

Im sogenannten Kapellentrakt wurden Zimmer für Bewohnende erstellt. Während der siebenmonatigen Bauzeit musste der gesamte Altersheimbetrieb, inklusive Küche, ins Josefshaus Wolhusen verlegt werden. Die Baukosten des Um- und Erweiterungsbaus betrugen 3,14 Millionen Franken. Daran bezahlten der Bund diesmal Fr. 802'000.-- und der Kanton Luzern Fr. 250'000.--. Der umgebaute Berghof verfügte nun über 51 Betten im Altersheim (davon vier Ehepaarappartements) und deren 25 im Pflegeheim (davon zwei Ferienbetten).
Der Stellenplan hat sich bis zum Jahre 1991 auf 37 Vollzeitstellen erhöht; insgesamt wurden damals 63 Personen beschäftigt.

Der Betrieb von Alters- und Pflegeheim hatte sich rasch etabliert. Viele pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen konnten in all den Jahren wertvolle Dienstleistungen in Anspruch nehmen.

Die starke Zunahme der Zahl von Betagten und Hochbetagten sowie die steigende Pflegebedürftigkeit von Personen in Gemeinde und Region, veranlasste die Bürgerschaft von Wolhusen im Jahre 1995 einer Erweiterung des Pflegeheimes um weitere 24 Betten zuzustimmen. Bis August 2001 verfügte das Pflegeheim Berghof über 44 Betten. Nach einem erneuten Ausbau von zwei Räumen im 3. Stock zu zwei 1er-Zimmern, standen nun 46 Betten zur Verfügung.

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Im April 1999 wurde ein vollamtlicher Leiter mit der Führung des Berghofs beauftragt. Mit neuem Erscheinungsbild und Logo war die Institution Berghof mittlerweile zu einem Dienstleistungszentrum und Ort der Begegnung herangewachsen, wo Wohlbefinden, Sorgfalt in Betreuung und Pflege, sowie Harmonie als wichtige Massstäbe gelten.

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Mit der stetig zunehmenden Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit fehlten auf den Etagen Ess- und Aufenthaltsräume sowie Stationszimmer. Um diesen Veränderungen Rechnung zu tragen, wurde an der Gemeindeversammlung vom 04. Dezember 2006 ein Kredit von über 1.45 Millionen Franken beantragt. Die Investitionen konnte in der Folge getätigt werden.

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Seit dem 01. Januar 2010 wird das Wohn- und Pflegezentrum als selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt mit Leistungsauftrag der Gemeinde Wolhusen geführt. Im Zuge der Verselbständigung legte sich das Zentrum ein neues Erscheinungsbild zu.

Der Gebäudeteil Wohnzentrum wurde in Haus Burg und das Pflegezentrum in Haus Märt umbenannt. In beiden Teilen des Zentrums werden die gleichen Betreuungs- und Pflegedienstleistungen erbracht. Dadurch wurde erreicht, dass ein Bewohnender mit zunehmendem Pflegebedarf, die Abteilung nicht mehr wechseln musste.

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Am 19. Mai 2018 feierte das Wohn- und Pflegezentrum Berghof sein 50-jähriges Bestehen. Es präsentiert sich heute als modernes Unternehmen mit bevorstehender Anbindung an das Wohnen am Wiggernweg. Es ist zum Lebens- und Wohnraum für insgesamt 107 Bewohnende geworden. Das Zentrum ist Arbeitsplatz für über 150 Mitarbeitende und Ausbildungsstätte für 15 Lernende.